Versponnen im Blau
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Mathias Wolf im Brunswiker Pavillon
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Wenn die Abendsonne durch die großen Scheiben des Brunswiker Pavillons fällt, dann leuchtet das Gespinnst aus türkisblauen Kunststoffschnüren, das den Raum durchzieht, kostbar.Dann funkelt es, dann schimmern und glänzen die sechs Kilometer Pressenband - ein Material aus dem Landhandel - , die Mathias Wolf zu einem verwirrenden " Internetzo " geknüpft hat. ...
... Mathias Wolfs Installation definiert den strengen, kargen Raum des Brunswiker Pavillons - in Kiel geradezu ein Schlüsselbau der reduktiven Internationalen Moderne von grosser Nüchternheit und Reinheit - neu. Sie lässt ihn nicht verschwinden. Sie macht ihn schweben, und die fast mystische Qualität der Farbe Blau, ihr Leuchten im Licht tun ein übriges, ihn zu weiten. Die wie das Liniengerüst eines wahnsinnig gewordenen Baumeisters anmutenden Fäden des
" Internetzos " scheinen hinaus zu drängen aus dem strengen Kubus des Pavillons, als wollten sie auch noch den Vorplatz, die Umgebung, einspinnen in eine Zauberwelt, in ein Farben- Linien- und immaterielles Raumgerüst.
Das hat - bei aller Offensichlichtkeit der ( wenn auch undurchschaubaren) Konstruktion - etwas Verspieltes, als wehre sich in der rythmisierten Folge von Verdichtungen und Verdünnungen ein organisch wuchernder Trieb gegen die strenge Logik des Raumes. Der freilich mehr ist als ein Gefängnis und schützende Hülle, ein notwendiger Kontrapunkt, eine Stütze für das fragile Liniengerüst, das ihm zugleich Halt und Bedeutung gibt. Mathias Wolf hat nicht irgendeine Installation in ein beliebiges Gebäude gesetzt, er besetzt diesen individuellen Raum auf individuelle, auf ihm angemessene Weise.
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Hannes Hansen
 
 
Kieler Nachrichten, Kultur
Mittwoch, 26. Juli 2000 - Nr. 172
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