MATHIAS WOLF

OBJEKTE

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Mathias Wolf konstruiert seit 2009 Netz- und Fadenobjekte, die er in Rahmen einspannt.Dabei verwendet er meist ein spezielles Garn mit einem Durchmesser von 2mm aus dem Segelbedarf....Dieses Garn wird miteinander und mit dem Rahmen in ausgeklügelter Knüpftechnik verknotet und verknüpft. Die Form der Knoten ist dabei keineswegs immer gleich oder gar beliebig, sondern die Knotenform ergibt sich daraus, aus welcher Richtung die Spannung kommt und was es jeweils zu halten gilt.
Einfache Materialien – Holz für die Rahmen, Ösen zum Befestigen und – zumeist blaues Segelgarn – ergeben verknüpft zunächst einfache geometrische Formen, die miteinander in Beziehung treten.
Die Linie – als Verbindung zweier Punkte – das Dreieck, das Trapez, z. T. auch komplexer Kurviges oder gar Ellipsoides, schwierig mit Worten Greifbares. Die Verbindung dieser Elemente evoziert jedoch höchst unterschiedliche Eindrücke – oder sind es Zustände? Ruhige, verharrende, kontemplative Momente, aber auch komplex und verdichtet Dynamisches.

Vor allem gibt es aber eines: das Spiel mit dem Raum..

...Das mag anfangs verwundern, wenn man sich den Objekten nähert... – Schließlich handelt es sich doch aus der Distanz um eine Art Bilder an der Wand.

Wenn wir uns nähern, kommt aber die dritte Dimension hinzu: Räume, Tiefe, Räumlichkeit – und zwar durch Überschneidungen, Überlagerungen, Kreuzungen, Drehungen, Verwicklungen – und was sonst noch alles beim Verknoten von Fäden und im Spiel der Flächen möglich ist.

Dabei treten zuweilen optische Illusionen auf, v. a. durch trapezförmige Flächen, die einen regelrecht in die Tiefe reißen. Ein Springen von Hinten und Vorne durch das Überlagern unterschiedlicher Ebenen. Es scheinen Tiefen auf, die real so eigentlich gar nicht existieren – Wolf spielt mit der Trägheit des Auges.

Dabei ist nicht jeder Faden tragend – manche Linien sind einfach wichtig als ästhetisches Moment, als Schnitt, als Akzent als Diagonale, als Linie, die die Fläche, den Raum teilt. Aber trotzdem: Bei dem Großteil der Fäden ist klar – und das wurde bereits für die Arbeit bei der ortung V festgestellt: Ändert man einen Faden ändern sich (fast) alle – alles ist mit (fast) allem verbunden und steht zueinander in Beziehung – es handelt sich um Gefüge, Geflechte, Netzwerke im besten Sinne. „Vernetzung“ ist hier der kongeniale Begriff – und ob dieser Bezug nimmt auf soziale Gefüge, deren Spannungen, Funktionen, Strukturen, auf das www oder auf in der Natur vorkommende Netzgeflechte sei hier außen vor.

In jedem Fall handelt es sich bei Wolfs Werken um ästhetische Entdeckungsreisen, denen zu folgen sich lohnt. Vielleicht kennt der eine oder die andere Kandinskys wegweisende Schrift „Von Punkt und Linie zur Fläche – Beitrag zur Analyse der malerischen Elemente“, die Kandinskys Kompositionsgrundlagen zusammenfasst – für Wolf könnte man sie umschreiben in „Von Linie und Fläche zum Raum - Beitrag zur Analyse von Strukturen und Räumlichkeit.“

Selten fertigt der Künstler Skizzen vorab – meist „entwickelt“ sich sein Werk im wahrsten Sinn des Wortes im Raum, im Rahmen. Dafür ist viel Geduld vonnöten, für die ich H. Wolf bewundere. Eine immer exakte Arbeitsweise, immer die gleichen Abstände sind die Grundlagen – und dabei entstehen doch höchst spannungsreiche Werke, die man gerne auch inhaltlich interpretiert – Titel wie „Zweierbeziehung“ geben hier natürlich eine Richtung vor.

Sandra Hoffmann-Rivero, Kunsthistorikerin MA