Spinnennetze sind aussergewoehnliche Gebilde. Sie sind fein und zugleich stabil, sie sind fast unsichtbar und glitzern bei Sonnenlicht doch so wunderschön, sie sind elastisch, aber nicht starr, sie wirken zierlich und umspannen doch so grosse Distanzen. Wenn man bei einem Spinnennetz an einem einzigen Faden zieht, so hat das Einfluss auf die gesamte Konstruktion. Mathias Wolf ist fasziniert von Netzen. Und Mathias Wolfs Netze sind faszinierend.
Der 1952 in Schleswig-Holstein geborene Kuenstler, der in Kiel Freie Kunst studiert hat und seit dieser Zeit viele Ausstellungen in Europa und den USA hatte, entwickelt schon sehr lange Installationen im Innen- und Ausenbereich. Es handelt sich hierbei um auf den Raum bezogene Environments, also " Umgebungen ", die aus einfachen Gegenstaenden oder Materialien geschaffen werden. So auch im Schulhof des alten Deutschen Gymnasiums, wo er ein luftig-lichtes und zugleich festes Netz-Werk aus blauem und schwarzem Pressengarn in das Hofkarree gezaubert hat.
Simples Material, ausgetueftelte Knuepftechnik, die durchdachte Konstruktion, aesthetisches Moment; ueber einem vergoldeten Betonausgleichsring mit circa 80 cm Durchmesser, der in der Hofmitte am Boden liegt, wächst bluetenkelchfoermig ein schwarzes Netz in die Hoehe, das von weit ueber hundert blauen Schnueren gespannt wird, die auf gleicher Hoehe und in einem gleichmaessigen Abstand an den drei umliegenden Hoffassaden hoch oben angebracht sind. Zur vierten Hofseite hin ist der schwarze Netz-Kelch offen, die blauen Garne scheinen ihn wie ein riesiger Faecher zu umfangen. Veraendert man die Straffung nur einer dieser Schnuere, so verliert auch der gesamte Rest an Spannung, das Netz veraendert sich in Form und Aussehen. Eine Metaper dafuer, dass alles miteinander zusammenhaengt. Aber nur ein kleiner Aspekt von vielen ,die man entdecken kann, wenn man sich in Mathias Wolfs Netz begibt. In mitten des goldenen Rings hat er zwei goldene Fussabdruecke gemalt. Foermlich eine Einladung an den Betrachter sich dorthin, in die Mitte des Netzes, zu stellen. Und ein einzgartiges Gefuehl, das eintritt, wenn man es tut.
Karin Probst
Kunsthistorikerin
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